„Die meisten Menschen können überhaupt nicht verstehen, dass ich krank bin. Man sieht ja nichts…“ – Interview mit Melanie – Muräne Stories No. 18

Melanie leidet unter zwei unsichtbaren Erkankungen: chronische Migräne und Fibromyalgie. Hier berichtet sie über ihren Alltag, Erfahrungen und dem Leben mit diesen Erkrankungen!

Wer bist Du und was machst Du (beruflich)?

Ich bin Melanie, 46 Jahre alt und von Beruf seit 2016 selbstständig als Kosmetikerin. Es ist meine wirkliche Berufung, ich liebe meine Arbeit und darf mich täglich mit schönen Dingen umgeben.

Seit wann hast Du Migräne (und welche Form)? Wie äußert sich diese?

Meine erste Migräne hatte ich 1989 mit 15 Jahren. Es waren meistens schwere Attacken, die etwa einmal im Monat auftraten und dann drei Tage andauernden. Später steigert er sich das Ganze auf zweimal im Monat, jeweils drei Tage. Im Laufe der Jahre hat sich die Migräne sehr verändert, heute habe ich eine chronische Migräne, mit etwa 28 Schmerztagen im Monat. Außerdem leide ich an chronischen Spannungskopfschmerz und einem so genannten Eispickelkopfschmerz (primär stechender Kopfschmerz).

Seit wann hast Du Fibromyalgie/chronische Schmerzen? Wie äußern sich diese?

Im Jahre 2002 wurde nach einem etwa zweijährigen Diagnosemarathon Fibromyalgie festgestellt. Etwa zu diesem Zeitpunkt begannen auch die chronischen Kopfschmerzen.
Begonnen hat die Fibromyalgie damit, dass ich Schübe hatte in denen es mich immer völlig umgehauen hat. Ich hatte permanente Körperschmerzen, die mich so überkamen, dass ich meist irgendwo im Haus auf der Erde lag und solche Krämpfe und Schmerzattacken hatte, dass ich zu nichts mehr fähig war. Unsere Tochter war damals „schon“ 4 Jahre alt und konnte in diesen Fällen immer meine Mutter anrufen, die dann zu Hilfe kam. Für die Kinder war es sehr schwierig.
… Und für mich unglaublich beängstigend

Wie geht es Dir heute und wie hat sich dein Umgang mit der Migräne/ chronischen Erkrankungen verändert?

Eine Zeit lang habe ich gedacht, dass ich mit den täglichen Schmerzen fast leben könnte. Leider hat es sich in den Jahren (etwa in den letzten 4-5 Jahren) dazu entwickelt, dass ich täglich Schmerzmittel geschluckt habe. Alles was ich bekommen habe und was frei verkäuflich war habe ich in großen Mengen zu mir genommen, wodurch sich die Probleme aber nur verlagert haben. Ärztliche Unterstützung hatte ich gar nicht.
In diesem Sommer habe ich ein Schmerzmittelpause gemacht, niemals hätte ich gedacht dass sie so hart ist. Ich war sechs Wochen ohne Schmerzmittel, verbunden mit einem Klinik Aufenthalt in der Schmerzklinik Kiel. Indien wurde auch der Grundstein gelegt, dass ich mich überhaupt um die Migräne und die Kopfschmerzerkrankungen kümmere, und anfange darüber mehr zu lernen.
Ich bin von 30 Schmerztagen auf 28 Schmerztage runter, der Erfolg scheint sich nicht wirklich einzustellen, doch ich finde jeder schmerzfreie Tag ist ein Geschenk.
Durch immer mehr Schmerzen bin ich aktuell leider in der Situation, dass ich unglaublich unter Ängsten und oftmals Panikattacken leidet. Seit einigen Wochen habe ich mit Depressionen zu kämpfen, das zuzugeben, ist für mich das Schlimmste.
Dazu gehe ich am 6.1.2021 ganz aktuell ins Krankenhaus. (Das Interview wurde geführt am 27.12.20)

Wie hat dein Umfeld darauf reagiert und wie reagieren heute noch Menschen, denen Du davon erzählst?

Die meisten Menschen können überhaupt nicht verstehen, dass ich krank bin. Man sieht ja nichts… Und ich bin doch immer so fröhlich und immer am lächeln und kümmere mich um die Belange meiner Kunden und meiner Familie. Niemals würde jemand auf die Idee kommen, dass es mir vielleicht schlecht geht, dass ich so viele Schmerzen habe…
Die meisten reagieren ziemlich unverständlich.

Was machst Du freizeitlich und wie beeinflussen dich da deine Erkrankungen?

In meiner Freizeit habe ich mich in den letzten Jahren immer mehr zurück genommen, ich liebe Konzerte und Festivals. Leider fühle ich mich überhaupt nicht mehr in der Lage daran teilzunehmen. Selber mache ich Musik, was mich oftmals so anstrengend, dass ich während des Musizierens den nächsten Schub kriege, starke neurologische Schmerzen oder einfach Migräne.
Ich habe sehr viel Sport gemacht und war immer gut trainiert, heute bin ich fast gar nicht mehr in der Lage mich überhaupt zu bewegen.

Was hilft dir im Umgang damit? Was hilft dir bei akuten Anfällen? Was hast du ausprobiert?

Bei starken Schüben fällt es mir noch immer sehr schwer eine Möglichkeit zu finden, dass ich damit gut klarkomme. Ich versuche dann immer Ruhe zu haben, ein abgedunkelt kühler Raum ohne Gerüche ohne Geräusche. Ich habe meine Ernährung umgestellt, trinke seit vier Jahren kein Alkohol, verzichte fast komplett auf raffinierten Zucker und wir essen nur maximal ein oder zweimal die Woche Fleisch (ich oftmals auch gar nicht).
Im Augenblick versuche ich eine Kur mit hoch dosierten Q10. Außerdem nehme ich ständig B Vitamine, Magnesium, Braunhirse (hoher Zinkgehalt) und Vitamin D3.

Etwas, das Du anderen Betroffenen sagen möchtest?

Wir sind alles Individuen, natürlich kann man kein Rezept benennen, welches jedem gleich hilft. Jeder muss seinen Weg finden, doch ich finde es ganz wichtig sich auszutauschen um neue Impulse zu bekommen, Ideen und Möglichkeiten zu erkennen.
Der Umgang mit anderen Menschen, ist oftmals schwer, auf dieses entmutigen wenn andere einem nicht verstehen… Weil sie keine Ahnung haben oder weil es ihm einfach zu anstrengend ist sich mit Krankheiten die Migräne oder Fibromyalgie auseinander zu setzen. Oftmals ist es super schwierig, aber man muss sich auch trennen, mir hat es in den letzten Jahren gut getan einfach manche Menschen nicht mehr so nah an mich ran zu lassen und den Kontakt einzuschränken. Es hört sich sehr krass an und vielleicht auch „arrogant“ (?!), aber ich glaube das Problem ist einfach, dass jeder mit solchen Erkrankung leben muss ein Stück weit egoistischer wird. Meine Erfahrung hat leider gezeigt, wenn man am Boden liegt sind nur verdammt wenig Menschen da.

Etwas anderes, dass Du noch erzählen möchtest?

ich habe mir in den letzten Jahren mein Leben sehr schön eingerichtet. Wir leben ruhig, auf dem Dorf, in unserem Traumhaus, mit vielen Tieren und eine der größten Leidenschaften, das Reisen versuchen wir regelmäßig in unser Leben zu integrieren.
Mir hilft es immer, eine neue Reise zu buchen, auch wenn das Ziel (die Reise) noch in einiger Entfernung liegt, dieses Ziel vor Augen zu haben und mich auf einen neuen kleinen Traum zu freuen zu dürfen, es gibt mir unglaublich viel Kraft und schafft es auch, mich immer weiter machen zu lassen.

Niemals will ich aufgeben! Ich will noch viel erleben!

Vielen Dank für Deine Zeit, Melanie und ich wünsche Dir alles Gute!

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