Hier kommt die Geschichte von Salomon, über das Zusammenleben mit „Imperator Palpatine“.
Wer bist Du und was machst Du?
Ich bin Salomon Purkarthofer, arbeite als Bürofachkraft und Gewährleistungssachbearbeiter in einer KFZ-Werkstätte. Nebenbei schreibe ich leidenschaftlich an gesellschaftskritischen Büchern (Gesellschaft auf Abwegen) und möchte in Zukunft dieses Hobby zum Beruf machen. [Instagram: @salomon_purkarthofer]
Hast Du deiner Migräne einen Namen gegeben?
Meistens nenne ich sie einfach nur Migräne oder „Imperator Palpatine“, da ich ein ziemlicher Star Wars Fan bin und es sich jedes Mal so anfühlt, als würde mir der hinterlistige Imperator seine Machblitze durch den Schädl jagen.
Seit wann hast Du Migräne (und welche Form)? Wie äußert sich deine Migräne?
Migräne habe ich seit ich denken kann, richtig häufig und schlimm wurde es aber ab dem Gymnasium im Alter von circa 13 Jahren. Es ist die Migräne mit Aura und chronisch. Richtig äußern tut sie sich nie im Vorhinein, was es besonders schwierig macht die Attacken abzufangen oder einzuschätzen. Meist geht es mir immer super und keine Minute später könnte ich durch die Aura alleine schon kotzen.
Wie geht es Dir heute und wie hat sich dein Umgang mit der Migräne verändert?
Die Anfänge waren schlimm, da mir niemand Glauben schenkte, was heute immer noch der Fall ist bei vielen (insbesondere Arbeits mäßig). Mein Umgang mit Migräne verändert sich stetig und immer wieder lerne ich neue Dinge. Aber so gut wie ich sie auch zu kennen versuche, überrascht sie mich immer wieder aufs Neue mit stärkeren Attacken und Schmerzen. Vor kurzem hatte ich erst wieder Migräne. Acht Tage lang und vier Attacken hintereinander. In solchen Momenten möchte ich einfach nicht mehr leben und wünsche mir oft den Tod, damit das alles vorbei ist. Wenn es wieder halbwegs geht, denke ich darüber viel nach und hasse mich fast dafür solche Gedanken zu haben, aber dann glaube ich, dass ich sicher nicht der einzige bin dem es so geht. Ich versuche mir eigenes Wissen anzueignen, da nicht einmal Spitzenneurologen wirklich weiter wussten und mir immer nur stärkere Schmerzmittel verschrieben anstatt die Ursache mit mir auszuforschen. Auch meinen Mitmenschen in meinem Umfeld und darüber hinaus versuche ich mehr darüber beizubringen. Sie ist leider ein Teil von meinem Leben und wird nicht so schnell wieder verschwinden.
Wie hat dein Umfeld darauf reagiert und wie reagieren heute noch Menschen, denen Du davon erzählst?
Wie gesagt, jeder dachte zuerst es wären nur „Kopfschmerzen“. Der Klassiker eben. In der Arbeit war es besonders schlimm, da mir keiner glaubte, dass ich erstens in dem jungen Alter eine chronische Krankheit hätte und zweitens bin ich ja ein Mann, der kann keine Beschwerden haben. Meine Eltern versuchten mir mit allen Mitteln zu helfen, aber mehr schlecht als recht. Nicht böse gemeint, aber zu einem gewissen Zeitpunkt wollte ich einfach nur mehr verstanden werden oder zumindest dass es mein Umfeld akzeptiert. Auch heute ist es mit Kollegen und Chef noch schwierig, da diese weit über meiner Altersgruppe sind und noch eine andere Denkweise haben. Meine Eltern leiden mit mir und akzeptieren es, auch wenn immer wieder kleine, nett gemeinte Tipps rüberkommen. Aber ich gebe keinem einzelnen Menschen die Schuld dafür, sondern der Gesellschaft generell, da verlangt wird zu funktionieren wie eine Maschine und wir das menschlich sein schon fast vergessen haben
Was machst Du freizeitlich und wie beeinflusst dich da deine Erkrankung (oder beeinflusst die dich da überhaupt?)?
In meiner Freizeit schreibe ich meine Bücher, schraube an meinen japanischen Youngtimern, zocke gerne und sammle die bunten Bauklötchen von Lego. Oft hindert mich meine Krankheit etwas vollständig zu genießen. Nach einer Attacke ist vor einer Attacke und ich kann eben nie sagen wann sie eintritt. Da ich mit meinen Büchern und dem zocken viel Zeit vor dem Bildschirm verbringe, versuche ich es auf ein minimum zu reduzieren, was mit meinem derzeitigen Job aber fast unmöglich ist. Unter der Woche vor dem PC und am Wochenende möchte ich an meinen Büchern schreiben oder eben eine Runde Xbox spielen. Musik darf ich nicht zu laut hören, auch wenn ich es sehr gerne möchte. Ich liebe Filme, kann aber nur mit Vorsicht und am besten mit Lcihtquelle einen Film angucken. Bei meinen Autos muss ich aufgrund der Gerüche aufpassen, dass ich nicht den falschen Dampf einatme. Sonnenbrille ist immer Pflicht, auch im Schatten oder an nicht so sonnigen Tagen. Mittlerweile sogar drinnen. Alles in allem hindert mich meine Erkrankung einerseits nicht vollständig an meinen Hobbys, andererseits muss ich dennoch dabei äußerst vorsichtig sein.
Was hilft dir im Umgang damit? Was hilft dir bei akuten Anfällen? Was hast du ausprobiert?
Verständnis zeigen ist das allerbeste was jemand für mich machen kann. Auch wenn es für mich selbst schwierig ist keine Angst zu haben vor der nächsten Attacke oder ständig daran zu denken, versuche ich so positiv wie möglich zu bleiben. Bei akuten Anfällen hilft nur rein ins Bett, finster machen und einen Schal eng um meinen Kopf binden. Das hält die überschüssige Blutzufuhr ein wenig auf und ich kann bei leichten Attacken zumindest einigermaßen schlafen. Ausprobiert habe ich alles. Wirklich alles. Tabletten wirken bei mir gar nicht, nicht einmal das starke Zeug, dass mir der Neurologe verschrieben hat. Alle möglichen Therapien und exotischen Heilmethoden haben nichts bewirkt. Was mir aber hilft die Migräne aufzuschieben oder die Abstände zu verlängern ist genug Vitmain D einzunehmen und auf meine Ernährung zu achten. Was ich zusätzlich beobachten konnte war die positive Wirkung von CBD und THC. Egal ob in Tropfenform oder eingerollt.
Etwas, das Du anderen Betroffenen sagen möchtest?
Viel kann ich anderen Betroffenen wahrscheinlich nicht sagen, da sie die gleiche Kacke durchmachen oder sogar noch schlimmer. Jeder muss diesen Kampf leider für sich selbst kämpfen, aber hört nicht auf daran zu denken, dass es bald vorbei geht und es auch schöne Tage im Laben gibt. Kümmert euch nicht darum was die Gesellschaft will oder denkt, sondern kümmert euch um euer Leben. Macht an schmerzfreien Tagen dass, was euch Spaß macht. Egal was andere sagen. Lasst euch nicht unterkriegen, auch wenn es sich oft anfühlt, als gäbe es nichts positives mehr im Leben. Es ist euer Leben und eure Zeit.
Etwas anderes, dass Du noch erzählen möchtest?
Kurz ansprechen möchte ich noch das Visual-Snow Syndrom. Ich weiß, ich bin nicht alleine mit dieser zusätzlichen Krankheit. Oft tritt es bei Migränepatienten auf. 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr sehe ich nicht „richtig“. Alles flimmert wie aus einer alten Glotze und immer wieder flackern Punkte über mein Sehfeld. Viele Bilder werfen eine Art hellen Schatten und vor allem in der Sonne ist es schlimm, wie auch in der Dunkelheit. Wenn man es nicht selbst hat, kann man es nur sehr schwer beschreiben. Aber vielleicht sind da draußen ja noch ein paar Leute, die es auch haben. Ihr seid nicht alleine.
Ich finde es schade und eigentlich auch unfair, dass in diesem Bereich nicht ausreichend geforscht wird. Vielleicht bin ich auch einfach egoistisch, aber die Mittel hätten wir doch. Es müssten nur unwichtigere Projekte stillgelegt und Zeit für so etwas investiert werden. Jetzt mit Corona und dem ganzen Zeug ist mir erst bewusst geworden, wie scheinheilig alle Leute sind. Was widerrum die Idee für meine Bücher angefeuert hat. Es ist zwar schlimm das viele krank werden etc. aber ich persönlich habe keine Angst vor dem Virus, da ich mit einer Krankheit zu kämpfen habe, die für mich um einiges schlimmer ist und zurzeit auch noch als „unheilbar“ gilt. Aber das interessiert die Menschen wieder nicht. Vor einem Virus haben die Angst und wie manche sagen Respekt, aber Verständnis für eine derart unerforschte chronische Krankheit haben sie dennoch nicht.
Ich danke dir herzlich, dass ich bei deiner Umfrage dabei sein durfte und freue mich falls ich wieder mal helfen kann.
[Das Visual Snow Snydrom hab ich auch, hier gibts meine Beschreibung und weitere Links dazu]