„Im Endeffekt ist es für Nicht-Betroffene auch schwierig, nachzuvollziehen was in Migränepatienten vorgeht und welche starken Schmerzen und Einschränkungen wir Betroffenen erleiden.“ – Interview mit Mona – Muräne Stories No.110

Wer bist Du und was machst Du?

Wie lange hast Du schon Migräne? Wann fing das an, gab es eine bestimmte Situation an die Du Dich erinnerst?

Meine Migränediagnose bekam ich im Alter von 20 Jahren, mittlerweile weiß ich aber, dass mich die Migräne bereits seit meiner Schulzeit begleitet. Seit ich 14 Jahre alt bin war ich relativ häufig wegen starker Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit beim Hausarzt. Ich hab meine Schmerzen damals schon als „nicht normalen Kopfschmerz“ beschrieben, da ich damals auch hin und wieder „normale“ Spannungskopfschmerzen hatte und diese klar von dem anderen Schmerz abgrenzen konnte. Leider wurde das aber nicht ernstgenommen und lange auf den Kreislauf geschoben, bis meine Migräne immer schlimmer und dann schließlich im Alter von 20 Jahren chronisch wurde. In den letzten 3 Jahren kämpfe ich mit durchschnittlich 15 Migränetagen pro Monat. Einen konkrete „Schlüsselsituation“ kann ich bei meiner Migräne nicht erkennen.

Welche Migräneform(en) hast Du und wie äußert sie sich?

In der Schmerzklinik bekam ich die Diagnose „hochfrequente chronische Migräne mit starker Intensität“. Das bedeutet, dass ich leider sehr häufige Attacken (in den letzten 8 Monaten 22 Schmerztage / Monat) habe, die zusätzlich leider oft sehr schwer in den Griff zu bekommen sind.

Wie geht es Dir heute und wie hat sich Dein Umgang damit verändert?

Nachdem ich so viele Medikamente getestet habe und mit vielen Nebenwirkungen kämpfen musste, war ich leider ziemlich entmutigt und hoffnungslos.

Seit meinem 5-wöchigen Aufenthalt in der Schmerztagesklinik im Juli geht es mir deutlich besser und ich kann das erste Mal seit 3 Jahren wieder ein paar migränefreie Tage am Stück genießen. Das hat mir endlich wieder Mut und vor Allem auch Kraft und Hoffnung gegeben. Ich arbeite aktuell sehr daran, meine Migräne mehr und mehr zu akzeptieren und mit der Krankheit zu leben. Dazu achte ich viel mehr auf mich und meinen Körper, nehme Signale frühzeitig war und schaffe es so meist auch viel leichter, die Attacken frühzeitig zu behandeln. Ich bin wirklich froh und dankbar, dass ich nun besser damit umgehen kann und auch mehr „Werkzeuge“ zur Seite habe, die mir vorbeugend und auch akut weiterhelfen.

Wie beeinträchtigt Dich die Migräne im Beruf und in der Freizeit?

Die Beeinträchtigung durch meine Migräne ist sehr sehr stark. Gerade im privaten Umfeld habe ich mich sehr stark zurückgezogen durch die Krankheit und konnte/kann viele Dinge einfach nicht mehr machen.

Im Beruf habe ich glücklicherweise einen verständnisvollen Arbeitgeber, der mir Home Office und flexible Arbeitszeiten ermöglicht. Dadurch kann ich meiner Arbeit weiterhin nachgehen, so gut es mir meine Krankheit erlaubt. Ich merke aber dennoch, wie es mich persönlich beeinflusst, da ich mit häufigem schlechtem Gewissen zu kämpfen habe (privat und auch beruflich).

Was ich hilft Dir im Umgang mit der Migräne?

AKZEPTANZ, ACHTSAMKEIT und SELBSTHILFESTRATEGIEN

Seit ich meine Migräne akzeptiere (weitestgehend, natürlich gibt es auch schlechte Phasen), achtsamer mit mir umgehe und auf mich und meinen Körper höre, geht es mir deutlich besser. Ich habe meine Grenzen kennengelernt und gelernt, diese auch zu akzeptieren. Ein weiterer wichtiger Punkt sind SELBSTHILFESTRATEGIEN, vor Allem autogenes Training, PMR und Atemübungen.

Wie hat Dein Umfeld auf Deine Migräne reagiert und wie reagieren heute noch Menschen, denen Du davon erzählst?

Die Reaktionen auf meine Migräne sind unterschiedlich. Bei vielen Menschen sind aber die bekannten Vorurteile und Klischees sehr präsent. Oft hört man den Satz „Ach, das kenne ich – ich hab auch manchmal Migräne“.

Im Endeffekt ist es für Nicht-Betroffene auch schwierig, nachzuvollziehen was in Migränepatienten vorgeht und welche starken Schmerzen und Einschränkungen wir Betroffenen erleiden. Die Krankheit ist unsichtbar, genau wie das Leiden dahinter. Jedoch erwünsche ich mir von Außenstehenden eine offene, unvoreingenommene Reaktion und keine (liebgemeinten) Ratschläge, denn meist kennen wir unsere Krankheit gut und haben schon vieles ausprobiert.

Was hilft Dir im Migräne Anfall?

Mir helfen bei einer Migräneattacke vor Allem Ruhe, ein dunkler Raum, meine Triptane, meine Kühlmaske, Minzöl, Ohropacks, Entspannungsübungen, Massagen und Schlaf.

Was hast Du schon ausprobiert und was möchtest Du noch ausprobieren?

Innerhalb der vergangenen drei Jahre habe ich alle gängigen medikamentösen Prophylaxen (einschließlich Botox) getestet. Diese haben aber leider keine Wirkung gezeigt und diverse Nebenwirkungen hervorgerufen.

Seit Februar 2022 bekomme ich nun monatlich die Antikörperspritze (aimovig).
Das war für mich persönlich ein großer Meilenstein, da ich sehr viele Hoffnungen auf das Medikament gesetzt hatte. Leider hält sich die Wirkung hier auch relativ in Grenzen, was mich zunächst wirklich stark frustriert hat.

Mittlerweile habe ich allerdings erkannt, dass mir die Kombination aus verschiedenen Prophylaxen – medikamentös und nicht-medikamentös – am Besten weiterhilft.

Ich arbeite deshalb weiterhin an meinem Umgang mit der Krankheit, passe mein Leben und meinen Alltag entsprechend an und höre auf meinen Körper. Dadurch geht es mir deutlich besser.

Was möchtest Du Migräne-Kämpfer:innen sagen?

Du bist mehr als nur deine Krankheit!
Du bist wertvoll, du bist eine starke Person und du kannst alles schaffen. Vergleiche dich nicht mit anderen und schätze, was du alles schaffst – trotz der starken Einschränkungen durch deine Krankheit. Und höre immer auf dich und deinen Körper und akzeptiere deine Grenzen.

Was möchtest Du Menschen ohne Migräne sagen?

Geht unvoreingenommen und offen auf Migränepatienten zu. Legt alle Klischees und Vorurteile beiseite und habt ein offenes Ohr für den Betroffenen. Auch wenn dir gutgemeinte Ratschläge auf der Zunge brennen – frag vorher bitte immer, ob du deinen Rat äußern sollst/darfst. Nimm es dem Betroffenen nicht übel, wenn er häufig absagen muss oder sich nicht meldet. Oft haben Betroffene nämlich nur ganz wenig Zeit zwischen den Migräneattacken und benötigen die schmerzfreie Zeit dann, um neue Kraft zu schöpfen.

Hast Du ein Lebensmotto, einen Spruch, der Dir Kraft gibt?

You grow through what you go through.

Gibt es etwas, dass Du auch noch erzählen möchtest?

Ein schöner Vergleich von meiner Ärztin in der Schmerztherapie:
„Migränepatienten sind quasi wie ein Auto, mit dem Motor (Gehirn) eines Ferraris, jedoch nur dem Tank von einem kleinen Fiat. Deshalb ist es wichtig, dass wir unseren Motor nicht überanstrengen und regelmäßig tanken (also uns ausruhen und Energie und Kraft sammeln).“

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