Wer bist Du und was machst Du?
Mein Name ist Mareike Brencklé, ich bin 36 Jahre alt und wohne in Niederlauterbach im Elsass. Ich arbeite als Praxisanleiterin in der Kinderkrankenpflege. [Instagram: Mareikemarc]
Wie lange hast Du schon Migräne? Wann fing das an, gab es eine bestimmte Situation an die Du Dich erinnerst?
Die Migräne wurde bei mir im Alter von 5 Jahren erstmals diagnostiziert. Seit damals wird sie immer schlimmer. Ich erinnere mich an einen Kindergeburtstag, an dem alle meine Freundinnen Spaß hatten und ich mit Übelkeit und Schmerzen im abgedunkelten Zimmer saß.
Welche Migräneform(en) hast Du und wie äußert sie sich?
Mittlerweile ist sie chronisch geworden. Bis Juli hatte ich fast 30 Schmerztage im Monat, nachdem ich die Ajovy pausieren musste und sie im Anschluss nicht mehr gewirkt hat. Seit Juli bekomme ich Aimovig, seither geht es mir etwas besser. Ich habe vor starken Attacken meist Sprachstörungen, Wortfindungsstörungen, gerade in meinem Beruf sehr unangenehm und ärgerlich. In der Attacke habe ich Schmerzen, ab und zu Übelkeit. Auf jeden Fall aber Geräuschempfindlichkeit mit einem Rauschen und Pochen in den Ohren.
Wie heißt Deine Migräne?
Chronische Migräne
Wie geht es Dir heute und wie hat sich Dein Umgang damit verändert?
Gerade im letzten Jahr, als es mir so schlecht ging wie nie und ich immer mehr mit depressiven Stimmungen zu tun hatte, habe ich gemerkt, dass ich ein immenses Wissensdefizit zu diesem Thema habe. Die Migräne war einfach immer da, neurologische Behandlung bekam ich erst 2018. Irgendwie war mir nicht klar, wie viele Menschen sich mit diesem Thema beschäftigen, privat kenne ich tatsächlich niemanden, den es auch betrifft. Mein Vater hatte bis er 34 Jahre alt war stärkste Migräne, dann verschwand sie ohne ersichtlichen Grund und ich hatte das für mich auch irgendwie gehofft. Seit letztem Jahr informiere ich mich immer mehr, suche bei Instagram Betroffene, die zu diesem Thema informieren und versuche, mein Umfeld aufzuklären. Zudem versuche ich, die Krankheit zu akzeptieren, mich nicht unterkriegen zu lassen und weiterhin positiv zu denken.
Wie beeinträchtigt Dich die Migräne im Beruf und in der Freizeit?
Mein Beruf ist der bestmögliche in meiner Situation. Ich plane meine Anleitungen selbst, bin also im Krankheitsfall nicht auf Vertretung angewiesen sondern kann bei Bedarf meine Arbeit selbst nachholen. So brauche ich nicht permanent ein schlechtes Gewissen zu haben. Da die Schmerzen selten am frühen Morgen auftreten habe ich meine Arbeit meist schon erledigt, bis es wirklich losgeht….
…dadurch fallen die Schmerzen natürlich meist in meine Freizeit. Meine Kinder und mein Mann müssen viel zurück stecken und Rücksicht nehmen. Oft fallen Freizeitaktivitäten aus, wobei ich mittlerweile darauf achte, dann vermehrt Medikamente zu nehmen, wenn ein Termin ansteht, den ich wirklich wahrnehmen möchte.
Was ich hilft Dir im Umgang mit der Migräne?
Meine kleinen Rituale:
Spieleabende mit meiner Familie
Ein gutes Buch
Meine kleine Farm ( Hühner, Hasen, Meerschweinchen, Katzen)
Spaziergänge
Wie hat Dein Umfeld auf Deine Migräne reagiert und wie reagieren heute noch Menschen, denen Du davon erzählst?
Das ist unterschiedlich. Selbst mein Mann und meine Kinder reagieren manchmal genervt, wenn einfach zu viele Einschränkungen auftreten. Aber meist kümmern sie sich um mich und sind sehr rücksichtsvoll. Kollegen und Freunde reagieren meist mit Verständnis. Meine Mama und meine Schwester sehen mir das schon von weitem an, Selbst wenn ich es vor anderen noch gut verbergen kann. Es tut ihnen unglaublich leid!
Was hilft Dir im Migräne Anfall?
Manchmal Kaffee.
Ansonsten Ruhe, Zolmitriptan und Paracetamol.
Was hast Du schon ausprobiert und was möchtest Du noch ausprobieren?
Ich habe entwicklungsneurologische Chiropraktik ausprobiert. Akupunktur. Entspannungstechniken. Osteopathie….
Aktuell möchte ich erst einmal eine Pause machen.
Was möchtest Du Migräne-Kämpfer:innen sagen?
Es ist so wichtig, sich über dieses Thema zu informieren. Zu sehen, dass man nicht alleine kämpft. Sich positive Energie aus all den kleinen schönen Momenten zu holen, die uns das Leben schenkt. Positive Erinnerungen schaffen, die in schmerzgeprägten Zeiten aufbauen und Kraft schenken.
Was möchtest Du Menschen ohne Migräne sagen?
Hört uns zu! Gute Ratschläge? Auch wenn sie wohlgemeint sind, sind sie meist nicht das, was wir brauchen. Hilfe im Alltag, Zuhörer, Kraftschenker, stiller Begleiter… das könnt und sollt ihr für uns sein. Fragt nach, dann können wir euch sagen, wie ihr uns helfen könnt. Wir brauchen euer Verständnis und eure Unterstützung!
Hast Du ein Lebensmotto, einen Spruch, der Dir Kraft gibt?
Es sind die kleinen Glücksmomente im Alltag, die dir Kraft geben, große Hürden zu meistern.
Gibt es etwas, dass Du auch noch erzählen möchtest?
Es ist nicht leicht, mit der Migräne zu leben und nebenher das Leben zu wuppen. Ständig hat man das Gefühl, irgendjemandem nicht gerecht zu werden. Das muss aufhören. Wir geben unser bestes! Und das muss reichen!